Was würden Sie tun, wenn Ihr Leben in sechs Monaten vorbei wäre? Eine Frage, die Lebenscoach Martin Wehrle den Lesern in seinem Buch „Sei einzig, nicht artig“ stellt, denn: Im Angesicht des nahenden Todes würde wohl kaum jemand so weitermachen, wie bisher. Wer zu viele Dinge tut, die er eigentlich gar nicht mag und ständig „Ja“ sagt zu den Wünschen anderer, für den hat Wehrle dieses Buch geschrieben.
Der Autor verrät bereits im Vorwort: Er war 18 Jahre alt, als er sein Leben verlor. Jenes Leben, das bekannterweise möglichst erfüllt und glücklich erlebt werden soll. Was war passiert? Er hatte sich um einen Beamtenposten bei einer Behörde beworben – mit Erfolg. Die Verwandten beglückwünschten ihn zum sicheren Job, Freunde gratulierten dem Glückspilz, der sich als Beamter jetzt sicher nicht tot arbeiten musste. Weniger happy war Wehrle selbst, der in der Behörde zwei Jahre lang „als Verwalter dahinsiechte“. Warum? Weil er zu sehr auf die Ratschläge anderer gehört hatte und nicht auf das, was er eigentlich wollte.
„Wer ins Arbeitsleben wechselt, hat den Funkkontakt zu seinem Herzen oft schon verloren.“
Für alle, die ihre eigenen Träume nicht verwirklichen, weil sie zu den Wünschen anderer ständig „Ja“ sagen, hat Wehrle sein Buch „Sei einzig, nicht artig!“ geschrieben. In einer Arbeitswelt, in der das eigene Leben auf ein bis zwei Seiten Lebenslauf komprimiert wird (aber möglichst stimmig, bitte!) liegt Lebens- und Berufsentscheidungen oft eine Frage zugrunde: Macht sich das gut in meinem Lebenslauf? Laut Wehrle müsste die Frage aber ganz anders lauten: Wäre das gut für mein Leben?
Von der Freiheit, Nein zu sagen
Der Mensch fühlt sich als Herdentier in der Gruppe wohl. Was die Gruppe gut findet, kann nicht so falsch sein. Nicht umsonst verkaufen sich Produkte und Dienstleistungen am besten, wenn Influencer die Werbetrommel dafür rühren. Unsere Meinungen und Handlungen orientieren sich oft an dem, was der Großteil anderer Menschen als richtig empfindet. Zu tun, was andere von uns verlangen, das beginnt bereits in der Kindheit und zieht sich wie ein roter Faden bis ins Erwachsenenleben. Die Erwartungen prasseln dabei aus unterschiedlichen Richtungen auf uns ein: Eltern, Freunde, Kollegen, Arbeitgeber und die Gesellschaft, in denen wir uns bewegen, teilen uns mit, wie wir im Idealfall handeln sollten, damit am Ende ein möglichst stimmiger und lückenloser Lebenslauf entsteht. Anecken, Nein sagen und eine Richtung einschlagen, die für alle anderen unerwartet kommt, das ist nicht immer einfach.
Wer zurückfinden möchte zu einem individuellen Leben, findet im Buch von Wehrle viele Hilfestellungen, kleine Tests, Selbstcoaching-Übungen und praxisnahe Anleitungen zur Reflexion des eigenen Lebens. Der Schreibstil ist – wie von Wehrle gewohnt – locker und der Ratgeber beinhaltet viele Praxisbeispiele. Von guter Struktur und lockerer Schreibe aber nicht täuschen lassen: Der gut 360 Seiten starke Ratgeber liest sich zwar gut, die Lektüre alleine ändert aber noch kein Leben – aktive Arbeit an den eigenen Baustellen ist gefragt! Wer sich darauf einlässt, wird sicher nicht enttäuscht.
Bildnachweis: Funny Solution Studio / Shutterstock
Der Artikel Lesestoff zum Wochenende: Sei einzig, nicht artig! erschien zuerst auf karriere.blog.